Sie wurde 4 Jahre nach der Welturaufführung (Paris 1829) in München gespielt, dann rund 100 Jahre später wieder – und jetzt als erste Premiere der diesjährigen Opernfestspiele (zugleich als „Oper für alle“ auf den Platz vor dem Nationaltheater übertragen und in einem Staatsempfang in der Residenz als Eröffnung genannten Festivals gefeiert).
Der Gesamteindruck der Aufführung: Es wird eine Geschichte spannend präsentiert, ohne Illustrationen, aber mit vorgeführten und dem Zuseher
überlassenen Assoziationen – natürlich gibt es Fragen zu manchen Einzelheiten –
und der Abend ist bei der musikalischen Präsentation, insbesondere den sängerischen Leistungen, ein Genuss – mit vielen Überraschungen. Der
Opernliebhaber sollte sich nicht nur durch bekannte Namen von Sängerstars anlocken lassen.
Hingehen also – noch am 2., 6., 9. und 13. Juli.
Wilhelm Tell ist in unserer Vorstellung der Schweizer Nationalheld, wir haben Begriffe wie Rütlischwur, Gesler-Hut und Apfelschuss im Kopf.
Wir wissen um Schillers Drama, vollgespickt mit zitierreifen Sätzen, während uns von der Oper eigentlich nur die Ouvertüre im Ohr ist. Mit der wahren Geschichte dürfte nur ein Schweizer vertraut sein.
Laut Libretto ist Tell hier ein Bürger, der seine Landsleute zum Aufstand treibt. Um einen, Arnold, zu gewinnen und sein Abwandern zu den „Besatzern“ zu verhindern (aus Liebe zu Mathilde, der
Tochter des Kaisers), ermordet er dessen Vater und schiebt die Missetat dem despotischen Gouverneur Gesler zu. Der Mord an diesem gegen Ende ist Notwehr in höchster eigener Gefahr – und alle bejubeln die Freiheit. Menschlich berührend gezeichnet ist die Beziehung Tells zu seinem Sohn, gerade wo er gezwungen wird, auf den Apfel auf dessen Kopf zu schießen.
Rossini hat mit dieser Komposition in Paris seine einzige „grosse Oper“ geschrieben – die zuvor, zwischen 1812 und 1828 komponierten, sind in einem anderen Gesamtstil, einige fest im Repertoire der Häuser der Welt verankert. Diese neue“ ist seine letzte. Zur zeitlichen und musikalischen Einordnung: Verdi konnte sich ab 1842 mit seinem „Nabucco“ durchsetzen (Der Troubadour wurde 1853
uraufgeführt – soviel zum Vergleich der Tenor-Stretta!), Puccinis Opern sind zwischen 1893 und 1926 komponiert worden. Einzig zeitgleich sind Donizettis Opern seiner Mittelphase im Belcanto-Stil: 1830 Anna Bolena“ und 1835 die „Lucia“.
(Der Text ist in Arbeit)